Wird er nun Schauspieler?

"Andere Eltern - Die 1. Klasse"-Star: Henning Krautmacher spricht über Schicksalsmoment - Krankheit seiner Frau ließ ihn innehalten

Aktualisiert:

von teleschau - Eric Leimann

Henning Krautmacher und seine Frau Anke, der es heute wieder gut geht.

Bild: picture alliance / Flashpic


36 Jahre lang war Henning Krautmacher Frontmann der Kölner Band Höhner. Ende 2022 stieg der 68-Jährige aus, um sich um seine schwer kranke Frau zu kümmern. Was ist aus dem Mann mit dem markanten Schnurrbart geworden?

In der Impro-Komödie "Andere Eltern - Die 1. Klasse" spielt Henning Krautmacher einen älteren Lehrer, der sich gegen "neuartige" pädagogische Konzepte in der Schule engagierter Helikoptereltern wehrt. Im Interview mit der "teleschau" spricht der Kultmusiker, der auch mal Pädagogik studierte, über seine Karriere Gelegenheits-Schauspieler. Und er erzählt davon, wie die Krankheit seiner Frau ihm zu einem neuen Blickwinkel aufs Leben verhalf.


"Andere Eltern - Die 1. Klasse" im ZDF-Livestream auf Joyn


"Andere Eltern - Die 1. Klasse" spielt in Köln - Ihrer Stadt. Trotzdem muss man auch dort erst mal als Lehrer in einem Impro-Film besetzt werden, wenn man kein Schauspieler ist.

Henning Krautmacher: Die Welt ist klein, aber speziell Köln ist ein Dorf. Der Regisseur und Macher des Films und der vorherigen Serie, Lutz Heineking jr., ist im gleichen Ort geboren, in dem ich jetzt lebe: in Puhlheim-Stommeln. Vielleicht hatte Lutz mich deshalb im Kopf, als es darum ging, einen älteren, alternativ denkenden Lehrer zu besetzen. Da hat er bei mir natürlich offene Türen eingerannt. Ich würde mich als Gelegenheits-Schauspieler bezeichnen.

Wollen Sie in Zukunft eher als Schauspieler arbeiten?

Krautmacher: Na ja, "arbeiten wollen" ist vielleicht ein wenig zu ambitioniert formuliert. Mit 68 Jahren sehe ich mich nicht in einer Lebensphase, in der die Karriereplanung ganz oben auf der Tagesordnung steht. Ich hatte ja meinen Abschied von De Höhner bekannt gegeben. Weil meine Frau sehr krank war, wollte ich damals eine Auszeit nehmen. Meiner Frau geht es inzwischen wieder gut. Und da ergab es sich, dass ich mich wieder so schönen Dingen wie dem Entertainment widmen konnte.

"Man muss den Kindern etwas mit Überzeugung vorleben"

Das mit dem Lehrer ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Sie haben mal Heilpädagogik studiert ...

Krautmacher: Angefangen ja, aber nicht abgeschlossen! Ich interessierte mich immer für Musik und Kunst. Mein Abitur habe ich in Kunst gemacht. Mein Anliegen war es stets, Kindern und Jugendlichen mit schwierigem Background über die Kunst zu helfen. Das war auch mal meine Motivation fürs Pädagogik-Studium. Vielleicht hätte ich meine Ausbildung auch abgeschlossen, doch es kam eine immer erfolgreicher werdende Band dazwischen. Da war es keine Frage, wie ich mich entscheiden würde. Ich habe den direkten Weg zum Leben als Musiker genommen (lacht).

An der Schule geht es ja immer um die Frage: Wie gelingt es uns, Kindern etwas beizubringen? Haben Sie eine Antwort?

Krautmacher: Ja. Lernen funktioniert über die Begeisterung für den Stoff. Als Pädagoge erreicht man etwas, wenn man es schafft, ein Feuer in den Kindern zu entfachen. Ich hatte da immer einen sehr emotionalen Zugang - über die Musik. Das ist eine Kunstform, die direkt unsere Seele anspricht. Deshalb ist Musik in der Geschichte der Menschheit auch so bedeutend. Weil wir über sie unsere Gefühle freilegen.

Aber müssten dann nicht alle Musiklehrer sehr erfolgreich sein?

Krautmacher: Ganz so einfach ist es nicht. Ich glaube, Lehrer:innen sind am erfolgreichsten, wenn ihre Persönlichkeit die Schüler:innen motiviert. Man muss den Kindern etwas mit Überzeugung vorleben, dann sind sie automatisch motiviert. Darum ging es auch immer wieder in der Ausbildung zum Heilpädagogen.

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"Wenn man mal aufgehört hat, sollte man auch dabei bleiben"

Kommen wir zur Musik. Sie treten ab und zu wieder als Gast bei den Höhnern auf. Kehren Sie vielleicht zurück zur Band?

Krautmacher: Nein, definitiv nicht. Wenn man mal aufgehört hat, sollte man auch dabei bleiben. Das ist auch eine Altersfrage. Es ist ein Unterschied, ob man in einer Band im Hintergrund sein Instrument spielt oder ob man wie ich der Frontmann ist. Letzteres ist ein Job, der ungeheuer viel Energie kostet. Vor allem, wenn man ihn auf langen Tourneen Abend für Abend ausfüllt. Die Höhner haben bis zu 350 Konzerte pro Jahr gespielt, eine fast schon absurde Zahl. Nicht jeder ist Mick Jagger, der mit 80 noch auf der Bühne herumhampelt und das ja auch gut macht. Aber wer kann und möchte das schon noch in diesem Alter?

Womit wollen Sie sich stattdessen beschäftigen?

Krautmacher: Die Krankheit meiner Frau war der Impuls, auch über mein Leben nachzudenken. Was will ich noch? Wie kostbar ist meine Zeit? Ich habe 153 Tage am Krankenbett in Krankenhäusern gesessen. Ich hätte keinerlei Lust gehabt, mich in dieser Zeit auf der Bühne bejubeln zu lassen. So bin ich aus dem Job des Frontmannes ausgestiegen, so wie man ein Medikament ausschleicht. Es gab Wichtigeres zu tun. Dann merkt man irgendwann, dass es einem gar nicht so sehr fehlt, wie man vielleicht dachte. Heute kann ich ganz entspannt auf die Zeit zurückschauen und mich freuen, dass es für meine alte Band trotzdem weitergeht. Ich habe meinen Frieden mit diesem Lebensabschnitt geschlossen und es war gar nicht so schwer. Jetzt absolviere ich ab und zu einen musikalischen Gastauftritt, spiele eine Rolle wie jetzt oder verfolge andere Projekte, die mich interessieren.

Zum Beispiel?

Krautmacher: Ich schreibe gerade an einem Buch über Kölner Plätze. Viele Menschen kennen die Geschichte hinter den Orten nicht, an denen sie täglich vorbeihetzen. Auch das ist etwas, was mich interessiert: Geschichte von Orten und darüber vom Kleinen auf größere Zusammenhänge zu schließen. Wobei wir wieder beim Thema Motivation wären. Wer den Zusammenhang zwischen seiner Umgebung, ihren Dingen und sich selbst erkennt, ist verbundener und motivierter, mit dieser Welt umzugehen.


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