Umweltkatastrophe in Chile

Atacama-Wüste: Warum hier 39.000 Tonnen Fast-Fashion vergammelt

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von Claudia Frickel

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Ausgetragen und abgeladen: Der Fast-Fashion-Friedhof

Videoclip • 10:35 Min • Ab 12


Unvorstellbare 39.000 Tonnen gebrauchte Kleider landen jedes Jahr in der Atacama-Wüste in Chile - das entspricht 2.600 voll besetzten Reisebussen. Die ausrangierten Hosen, T-Shirts, Schuhe und Kleider stammen aus wohlhabenden Ländern. Der gewaltige Fast-Fashion-Berg wäscht immer weiter.

Umweltkatastrophe in der Wüste: Ungewollte Kleidung aus den USA, Europa und Asien

Salzseen, Geysire, Vulkane und bizarre, rötlich schimmernde Felsformationen: Die Landschaft der Atacama-Wüste ist ein eindrucksvoller Anblick. Doch die Gegend dient zugleich als riesige, giftige Mülldeponie für ungewollte Kleidung. Diese ist so groß, dass sie sogar auf Satellitenfotos aus dem Weltall zu erkennen ist.

Atacama ist ein Ort der Superlative: Sie gilt als trockenste Wüste der Welt: An manchen Stellen fällt jahrzehntelang kein Regen. Weil sie so abgelegen ist, bietet sie optimale Bedingungen zur Sternbeobachtung. Dort steht das ALMA-Observatorium, eines der leistungsstärksten Radioteleskope auf dem Planeten. Manche glauben sogar, dass Atacama ein UFO-Hotspot ist.

Das Gebiet erstreckt sich über 1.600 Kilometer an der Pazifik-Küste entlang, hauptsächlich im Norden Chiles, aber auch in Peru. Mit einer Fläche von 140.000 Quadratkilometern ist die Wüste dreimal so groß wie die Schweiz.

Aber mitten in der Wüste türmen sich fast 20 Meter hohe Berge mit Textilien, wie "taff"-Reporterin Imke mit eigenen Augen sehen konnte. Täglich kommen zusätzliche 20 Tonnen dazu, so viel wie vier Elefanten wiegen. Darunter ist Billigmode, aber auch teure Markenkleidung, etwa von Adidas und Nike. Es handelt sich um gebrauchte, nicht verkaufte und teilweise sogar neue Kleidung aus den USA, Europa und Asien.

Massenproduktion, günstige Angebote, ständig wechselnde Kollektionen: Fast Fashion ist schon seit Jahren ein Problem für die Umwelt. Bei der Herstellung entsteht laut Organisation Sigmaearth mehr CO₂ als bei Luft- und Schifffahrt zusammen. Nur ein Bruchteil wird recycelt, viele Textilien landen auf illegalen Deponien, so wie in Atacama.

Die Kleider-Müllhalde sieht nicht nur erschreckend aus, sie ist auch toxisch - und sie "stinkt wie die Pest", stellt "taff"-Reporterin Imke fest. Sie ist mit Franklin Zepeda unterwegs: Der 43-Jährige stammt aus der Region und versucht, das Problem zu lösen, mit einer besonderen Idee.

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Der Fast-Fashion-Friedhof in der Atacama-Wüste. Wie groß der Kleiderberg ist, zeigt ein Vergleich mit dem Auto daneben.

Bild: picture alliance/dpa


Wie die Atacama-Wüste zum riesigen Kleider-Friedhof wurde

Wie kommen die Hemden, Hoodies, Shorts, Sweater und Sneaker ausgerechnet in die Wüste? Der Grund: An ihrem Rand befindet sich die Küstenstadt Iquique - und die besitzt einen der größten zollfreien Häfen Südamerikas.

Bis zu 60.000 Tonnen Kleidungsstücke kommen hier jedes Jahr an. Chile ist der weltweit größte Importeur gebrauchter Textilien. Ein Teil wird weiterverkauft, aber über die Hälfte landet illegal in der Wüste. Das liegt daran, dass die Entsorgung teuer und aufwendig ist.

Die Textilberge bleiben dort für lange Zeit liegen: Viele bestehen aus synthetischen Materialien. Diese Fasern brauchen 200 Jahre, um abgebaut zu werden. Dann bleibt immer noch Mikroplastik zurück. Außerdem enthalten sie giftige Schadstoffe, etwa durch Färben, Bedrucken und Bleichen. Das verpestet Grundwasser und Boden - erst recht, wenn Kleider verbrannt werden.

"Als ich den ersten Kleiderberg sah, war ich den Tränen nahe", erzählt Franklin Zepeda. Er war einer der Ersten, der auf die Umweltkatastrophe in der Wüste aufmerksam machte. 2015 gründete er eine Firma, die aus den alten Textilien Dämmplatten für Häuser herstellt.

Das "taff"-Team begibt sich auf die Spur der ungewollten Kleider: Sie kommen zum Beispiel aus der Altkleider-Sammlung, auch aus Deutschland. In der Reportage siehst du, wie die Reporterin und Franklin Zapada die Müllberge besuchen, wie die Kleidermafia das "taff"-Team verfolgt und welche absurden Folgen der Kleiderhandel haben kann - denn ein Teil wird später zurückgeschickt und als teure Vintage-Mode verkauft. Im Video-Beitrag erfährst du außerdem, wie du helfen kannst, den Kleiderberg abzubauen.

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