Wohnungsnot

Horrende Mieten auf Mallorca: Verzweifelte Einheimische wohnen schon in Campern oder besetzen Wohnungen

Aktualisiert:

von Claudia Frickel

Auf Joyn ansehen

Wohnungsnot auf Mallorca: Warum viele Anwohner wütend sind

Videoclip • 11:02 Min • Ab 12


Die Wohnungsnot auf der spanischen Insel Mallorca ist groß und Mieten oft unbezahlbar. Weil die Gesetzeslage kompliziert ist, werden immer mehr Wohnungen in Beschlag genommen. Anti-Hausbesetzer-Firmen boomen. "taff" erklärt, wie die Situation vor Ort aussieht - und warum Einheimische immer wütender werden.

Riesiges Problem: Es fehlen bezahlbare Wohnungen

Viele Deutsche verbringen ihren Urlaub auf Mallorca. Von den 13,5 Millionen Tourist:innen, die 2024 kamen, waren rund 5 Millionen aus Deutschland.

Für viele Einheimische verschärft sich die Lage dramatisch. Auf der Insel leben knapp 960.000 Menschen. Vor 20 Jahren waren es noch 730.000.

Sie alle brauchen einen Platz zum Leben - aber genau das ist das Problem. Denn auf Mallorca herrscht große Wohnungsnot, es fehlen zehntausende Unterkünfte. Der Mangel lässt die Mieten explodieren. Alle paar Monate machen die Einheimischen ihrem Ärger Luft, bei Demonstrationen mit tausenden Teilnehmer:innen.

"Die Situation ist extrem dramatisch", sagt Patrick Czelinski, Chefredakteur des "Mallorca Magazins" im Gespräch mit "taff". Sogar für Leute mit mittleren oder besseren Einkommen sei es "unmöglich, würdigen Wohnraum zu finden". Das Durchschnittseinkommen auf der Insel liegt bei 2.000 Euro brutto. Wenn für die Miete 1.000 Euro fällig werden, wird es eng. In der Hauptstadt Palma kosten selbst einfache Unterkünfte mehr als 900 Euro.

Eigentümer:innen sitzen damit am längeren Hebel. Viele vermieten Fincas und Wohnungen statt an Einheimische lieber über Airbnb an Urlauber:innen, weil sie dann mehr Geld bekommen. Andere bieten Mietverträge nur auf Zeit an. So umgehen sie Gesetze zum Schutz der Mieter:innen. Nach Ablauf der Zeit soll sich die Miete plötzlich verdoppeln. Nicht zuletzt kaufen ausländische Investoren Immobilien als Kapitalanlage - und lassen sie dann leerstehen.

Das könnte dich auch interessieren:

Deutsche Sekte Colonia Dignidad: Wie aus dem Horror-Lager ein skurriles Touristenziel wurde

"taff"-Stars im Wandel der Zeit: So haben sich Annemarie Carpendale, Christian Düren & Co. verändert

Wer keine Wohnung findet oder sie verliert, muss trotzdem irgendwohin. Die Folge: Viele ziehen für weniger Miete in Wohnmobile. Von denen stehen immer mehr auf Parkplätzen und am Straßenrand. Die Regierung will das verbieten. Über 1.000 Menschen hausen auf Mallorca in Bretterverschlägen, ohne sanitäre Einrichtungen. Fast 40 solcher illegalen Siedlungen gibt es laut Mallorca Magazin schon rund um Palma.

Weil die Wohnungsnot auf Mallorca so groß ist, leben immer mehr Menschen in Wohnmobilen.

Bild: picture alliance/dpa


Hausbesetzungen statt Miete: "Okupas" nehmen die Lage in die eigene Hand

Nach spanischem Recht sind Hausbesetzungen eigentlich verboten. Aber unter bestimmten Umständen können Menschen Wohnraum in Beschlag nehmen und erwerben dadurch sogar gewisse Rechte. Das gilt etwa für Wohnungen, die unbewohnt, unbeaufsichtigt oder unzureichend gesichert sind. Dazu zählen auch freie Zimmer in Ferienanlagen und Hotels.

Dringt jemand dort ein und wird nicht innerhalb von 48 Stunden vertrieben, greift die Polizei nicht ein. Dann hat jemand ein "Nutzungsrecht, auch wenn er sich mit Gewalt Zutritt verschafft hat", sagt Anwalt Andreas Torrente bei "taff".

Solche Besetz:er:innen heißen "Okupas". Eigentümer:innen müssen in solchen Fällen ein Räumungsverfahren vor Gericht beantragen, und das kann sich jahrelang hinziehen.

Mallorquiner:innen demonstrieren regelmäßig gegen die zunehmende Wohnungsnot, die die Mieten explodieren lässt.

Bild: picture alliance/dpa


Wegen der Wohnungsnot sind Hausbesetzungen "ein Riesenthema auf Mallorca", erzählt Patrick Czelinski. Für Wohnungseigentümer:innen bedeuten sie Stress und hohe Kosten. Darum boomen sogenannte "Desokupa”-Firmen, die ihnen helfen wollen, die Okupas loszuwerden - mit legalen oder manchmal mit illegalen Mitteln. Kein Wunder, dass diese Situation für noch mehr Anspannung und Ärger sorgt.

Zwar können die Behörden seit einigen Wochen härter gegen Okupas durchgreifen. Aber das Problem der fehlenden Wohnungen ist damit nicht gelöst. "Mallorca Magazin"-Chefredakteur Czelinski fürchtet, dass die Insel "zur schönen Kulisse für Reiche" verkommt.

Mehr entdecken

Wohnungsnot auf Mallorca: Einheimische müssen auf Camper ausweichen