Seit 21 Jahren in einer Beziehung

"Tatort"-Star Ulrike Folkerts: Wie es unfreiwillig zu ihrem Outing kam

Aktualisiert:

von Anne Oppel

Ulrike Folkerts mit ihrer Lebensgefährtin Katharina Schnitzler: Sie sind seit 22 Jahren ein Paar.

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Im Jahr 1999 wurde Ulrike Folkerts unfreiwillig in den Medien geoutet. Unterkriegen hat sich der "Tatort"-Star davon aber nicht lassen. "Wenn man entdeckt, dass man homosexuell ist, stellt sich das Leben auf den Kopf", sagte Ulrike Folkerts mal in einem Interview. "Das war, wie durch eine Welle geschleudert zu werden."


Am 9. November läuft der nächste "Tatort" mit Ulrike Folkerts


Liebesglück dank Kreuzbandriss

Als ein großes Boulevard-Magazin die Schauspielerin 1999 als lesbisch outet, ist sie darauf nicht vorbereitet. "Danach war für mich klar, ich trete die Flucht nach vorn an und sage ab sofort, wie es ist. ‘Ja, ich bin lesbisch. Und?‘", erzählt sie rückblickend in einem Gespräch mit der "Zeit".

Mittlerweile ist die "Tatort"-Kommissarin seit über 22 Jahren mit der Künstlerin Katharina Schnitzler glücklich. Kennengelernt haben sich die beiden Frauen bei einer Ausstellung und verantwortlich für diese schicksalhafte Begegnung war ausgerechnet eine Sport-Verletzung. Ulrike Folkerts hatte es mit dem Work-out zuvor etwas übertrieben. Sie war erst Laufen gewesen, dann noch beim Kampfsport und plötzlich - peng! - Kreuzbandriss. Die Folge: Vier Monate Zwangspause. Statt also wie geplant den neuen "Tatort" zu drehen, ging sie auf eine Kunstausstellung. Ulrike Folkerts war von den Bildern total begeistert und wollte unbedingt die Künstlerin dahinter kennenlernen. Und das war Katharina Schnitzler. "Es hat 'wumm' gemacht!" erinnert sich die Schauspielerin an ihre erste Begegnung.

Mittlerweile lebt das Paar in Berlin, Ulrike Folkerts bezeichnet ihre Partnerin als "Geschenk". Katharina Schnitzler wiederum beschreibt den "Tatort"-Star als "sehr menschlich, hilfsbereit, kreativ, superkomisch - und einfach liebenswert." Die beiden haben sogar gemeinsam ein Buch mit dem Titel "Glück gefunden" (Wachter Verlag) herausgebracht. Darin mischen sich poetische Texte von Ulrike Folkerts über Glücksmomente im Alltag mit Bildern und Fotografien von ihrer Lebenspartnerin.

Ulrike Folkerts mit ihrer Lebensgefährtin Katharina Schnitzler 2008 stellten im Dussmannkaufhaus in Berlin ihr gemeinsames Buch "Glück gefunden" vor.

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Outing mit Hindernissen

Was sich im Nachgang wie eine tolle Liebesgeschichte mit Happy End liest, war für die Schauspielerin damals allerdings ein "riesiger Kraftakt". Im Interview mit der "Zeit" hat sie erzählt, dass sie auf einem Dorf groß geworden ist und in ihrer Jugend noch nie jemanden getroffen habe, der schwul oder lesbisch war. Bis zur Schauspielschule sei sie mit Männern zusammen gewesen. Erst durch eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst habe sie ihre Zuneigung zu Frauen entdeckt – und sich verliebt. Eine Erkenntnis, die zunächst ihr Geheimnis blieb.

Sie befürchtete nämlich, dass ein Outing schlecht für ihre Beziehungen und ihren Job wäre. Diese Sorge war nicht ganz unbegründet: "Als ich meiner Mutter erzählte, dass ich Frauen liebe, hat sie gedacht, ich spinne", erinnert sich Ulrike Folkerts im Gespräch mit der "Zeit".

Kurz darauf wurde sie für eine Mutterrolle gecastet. “Aber als die Regisseurin erfuhr, dass ich lesbisch bin, hat sie mir abgesagt", erzählt die Schauspielerin im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist Diskriminierung. Natürlich kann ich eine Mutter spielen."

Eine Stimme für viele andere

Heute setzt sie sich dafür ein, dass anderen Schauspieler:innen solche Erfahrungen nach Möglichkeit erspart bleiben. Im Februar 2021 unterzeichnete sie etwa zusammen mit 184 weiteren deutschen Filmschaffenden unter dem Titel "Wir sind schon da" ein Manifest der "Süddeutschen Zeitung". Mit der Initiative #actout fordern sie mehr Sichtbarkeit und Anerkennung für vielfältige Lebensweisen.

Im selben Jahr erscheint auch ihre Auto-Biografie "Ich muss raus" (Brandstätter). In diesem Buch spricht sie über ihr Coming-out, aber auch über Sexismus in der Schauspielbranche.

Ulrike Folkerts bricht mit ihrer Offenheit Tabus. Außerdem gibt sie anderen Menschen eine Stimme, die sich nicht zutrauen, so laut zu sein wie sie. Die nicht ihre Möglichkeiten und Privilegien haben. Zusammen mit ihrer Partnerin engagiert sich der "Tatort"-Star deshalb auch sozial. 2006 haben sie den Verein kulturvoll e.V. ins Leben gerufen, der Stipendien für Kreativ-Ferien für sozial benachteiligte Kinder vergibt.

Ulrike Folkerts mit ihrem neuen Buch "Ich muss raus", das 2021 erschien.

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Pläne für die gemeinsame Zukunft

Die beiden Frauen teilen auch den Wunsch, irgendwann zusammen in die Natur zu ziehen: "Und ich sehe uns an schönen Orten, wo wir viel Zeit verbringen wollen, allein, zu zweit, mit Freunden:innen, mit deren Kindern, mit unseren Nichten und Neffen, mit Früchten vom Baum und selbst gemachter Aprikosenmarmelade", schreibt Ulrike Folkerts in ihrer Auto-Biografie.

Aber ein Geheimnis ihrer funktionierenden Beziehung scheint auch zu sein, an der richtigen Stelle eine Trennlinie zu ziehen: Wir "sind beschäftigt mit dem, was wir tun und lieben", sagt sie im "Zeit"-Interview. Damit meint sie die Kunst von Katharina Schnitzler und ihr Schauspielen. "Wir haben uns jedoch geschworen, uns niemals in die Leidenschaften zu funken. Ich werde nie malen, und sie wird nie spielen."

Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

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