Kampf gegen die Sklaverei
"The Good Lord Bird": So nah ist die TV-Serie an der Wirklichkeit
Aktualisiert:
von Anne O.Die Serie mit Ethan Hawke als John Brown ist eine gekonnte Mischung aus ernstem Historiendrama mit einer Prise Humor.
Bild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS
In der siebenteiligen Miniserie "The Good Lord Bird" schlüpft Ethan Hawke in die Rolle des religiösen Fanatikers John Brown, der im 19. Jahrhundert für das Ende der Sklaverei kämpfte. Für viele war er ein Held und Visionär, für andere ein Verräter. Was wirklich hinter der umstrittenen Figur steckt.
War John Brown Befreier oder Verräter?
Hartes Thema, wichtige Botschaft
Der Film "12 Years a Slave" von 2013 gilt als eine der schonungslosesten und realistischsten Darstellungen der Sklaverei. Er basiert auf der gleichnamigen Autobiografie von Solomon Northup. Dieser lebte als freigeborener Afro-Amerikaner in New York. 1841 wurde der Musiker von zwei Männern entführt, unter Drogen gesetzt und in die Sklaverei verkauft. Er verbrachte daraufhin zwölf Jahre seines Lebens als Sklave auf verschiedenen Plantagen in Louisiana. Sein Buch gilt als einer der wichtigsten Augenzeugenberichte über die Sklaverei in den USA.
Auch die Miniserie "The Good Lord Bird" thematisiert die Sklaverei im Amerika des 19. Jahrhunderts – aber mit einem anderen Dreh. Die Verfilmung stützt sich ebenfalls auf einen biografischen Roman, nämlich "Das verrückte Tagebuch des Henry Shackleford" von James McBride. Darin erzählt der Autor die Geschichte des exzentrischen John Brown aus der Perspektive des schwarzen Jungen Henry Shackleford. "The Good Lord Bird“ beginnt mit dem Satz: "Alles davon ist wahr. Das meiste davon ist passiert."
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Wer war John Brown?
Der Protagonist John Brown wurde im Mai 1800 in Connecticut geboren und schloss sich mit 16 Jahren einer kongregationalistischen Gemeinde an. Das war eine protestantische Kirche, in der jede einzelne Gemeinde unabhängig ist. Die Sklaverei betrachtete der extrem gläubige Mann als göttliche Sünde. Er war überzeugt, von Gott auserwählt zu sein, um die Sklaverei mit allen Mitteln zu beenden. Und sein Mittel der Wahl war hauptsächlich Gewalt.
Die Serie zeigt John Brown und seine letzten Jahre als militanter Abolitionist. Ein Abolitionist setzt sich für das Ende einer bestimmten Praxis oder Institution ein, insbesondere für die Abschaffung der Sklaverei. Im Kansas der 1850er-Jahre reiste Brown deshalb mit seinen Söhnen und weiteren Männern umher und plante eine gewaltsame Revolution gegen die Plantagenbesitzer.
Schau dir die erste Folge von "The Good Lord Bird" direkt hier an
In der ersten Episode sehen wir John Brown in einer Bar. Der bereits berüchtigte Protagonist täuscht einen irischen Akzent vor und stellt sich als "Shubel Morgan" vor. Diesen Alias-Namen benutzte der echte John Brown tatsächlich auch.
Eine weitere Parallele ist seine ausgeprägte Tierliebe. In der Serie hat er 17 Jahre lang ein außergewöhnliches Haustier: ein Eichhörnchen. Von dem echten John Brown ist bekannt, dass er als Kind ein Stummelschwanz-Eichhörnchen gezähmt hatte und extrem traurig war, als es gestorben ist. Auch der bekannte Autor Ralph Waldo Emerson hob in seinem Tagebuch nach einem persönlichen Treffen Browns Nähe zu Tieren hervor. Er notierte, dass John Brown häufiger an sein Pferd gekuschelt als in seinem Bett geschlafen habe.
Historischer Fakt: Das Pottawatomie-Massaker
In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai 1856 führte der historische John Brown mit vier seiner Söhne und drei weiteren Anhängern ein Massaker in der Nähe des Pottawatomie Creek in Kansas durch. Sie zogen fünf sklavereibefürwortende Siedler aus ihren Häusern und töteten sie. Diese Tat war eine Rache-Aktion, da eine Proslavery-Gruppe vorher die Stadt Lawrence in Kansas, eine Hochburg der Abolitionisten, angegriffen hatten.
Die Serie zeigt dieses Blutbad direkt in der ersten Episode. Die politischen Ursachen und Zusammenhänge, die zu diesem Racheakt führen, werden allerdings nicht komplett ausgeführt. Es wird aber eher als eine brutale, spontane Tat dargestellt.
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Gleiche Motivation, andere Waffen: Frederick Douglass und John Brown
Ein weiterer sehr prominenter Abolitionist, Redner und Schriftsteller der amerikanischen Geschichte war der befreite Sklave Frederick Douglass. Noch dazu war er ein unglaublich intelligenter, charismatischer und einflussreicher Mann. Er traf sich tatsächlich mit John Brown und unterstützte seine Mission. Brown großes Vorhaben, das staatliche Waffenarsenal in Harpers Ferry, Virginia zu überfallen (Folge sechs und sieben), lehnte er allerdings entschieden ab, da er es für puren Selbstmord hielt.
Brown wollte mit den Waffen die Sklaven bewaffnen und einen Aufstand lostreten. Der Dialog zwischen Brown und Douglass in Episode drei, in dem Douglass Browns Plan ablehnt, ist historisch akkurat und fängt die unterschiedlichen Strategien der beiden Abolitionisten ein: Browns Glaube an Gewalt gegenüber Douglass' Vertrauen in die Macht des Wortes und des politischen Prozesses.
Berühmte letzte Worte
"The Good Lord Bird" startet direkt zu Beginn von Episode eins mit einem Ausblick auf das Ende der Geschichte: John Brown wird zum Galgen geführt. Wie Douglass befürchtet hatte, war Brown nach dem gescheiterten Überfall gefangen genommen worden und wegen Verrats, Mordes und Anstiftung zum Sklavenaufstand angeklagt worden. Kurz bevor er vom Henker einen Sack über den Kopf gestülpt bekommt, sagt er: "Dies ist ein wunderschönes Land." Denselben Satz spricht er in derselben Episode später noch mal aus, als er seinen Sohn Frederick beerdigt. Der echte John Brown soll vor seiner Hinrichtung am 2. Dezember 1859 gesagt haben: "Dies ein wunderschönes Land. Ich hatte nie die Chance es zu sehen." Dieser Ausspruch zeigt den Patriotismus eines Mannes, der selbst im Angesicht des Todes ungebrochen ist.
Browns Hinrichtung machte ihn für Sklaverei-Gegner:innen zu einem Märtyrer. Sein Vorgehen und seine Hinrichtung trugen maßgeblich zur Polarisierung der Nation bei und werden von vielen Historiker:innen als ein entscheidendes Ereignis angesehen, das den Weg zum Bürgerkrieg (1861–1865) ebnete. Er kostete über 600.000 Menschen das Leben und führte zur Abschaffung der Sklaverei.
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Die fiktiven Charaktere
In "The Good Lord Bird" als auch in "Das verrückte Tagebuch des Henry Shackleford", auf dem die Serie basiert, taucht noch eine weitere wichtige Person auf: Und das ist Henry Shackleford. Er ist allerdings komplett erfunden. Die wahren Ereignisse in Buch und Serie werden aus der fiktiven Perspektive des jungen, befreiten Sklaven erzählt.
Nachdem Henrys Vater umgebracht wurde, rettet John Brown den Jungen (gespielt von Joshua Caleb Johnson) und nimmt ihn unter seine Fittiche. Im Eifer des Gefechts hat der Abolotionist allerdings seinen Namen falsch verstanden (Henrietta statt Henry). Von Brown für ein Mädchen gehalten, trägt Henry von nun an Kleider und wird mit dem Spitznamen "Zwiebel" angesprochen – passend zum ersten Nahrungsmittel, in das er beißt.
Alles eine Frage der Perspektive
Zwiebel ist ein naiver, aber aufmerksamer Beobachter. Seine Perspektive ermöglicht es, die Ereignisse und die Figur des John Brown mit einer gewissen Distanz und viel schwarzem Humor zu betrachten. Durch Zwiebels Augen geraten die menschlichen Schwächen, Ängste und Absurditäten in den Vordergrund. Besonders seine falsche Geschlechtsidentität ist eine Quelle für viele komische und ernste Momente.
Darüber hinaus wird John Brown nicht als makelloser Held zelebriert, sondern als ein fanatischer und oft unberechenbarer Mann, der seine Mitmenschen ständig in gefährliche Situationen bringt. Zwiebels ironische Kommentare und seine innere Zerrissenheit zwischen Bewunderung und Angst machen die harte Handlung in "The Good Lord Bird" zugänglicher und unterhaltsam.
Der Titel "The Good Lord Bird" meint übrigens den Elfenbeinspecht (deutsche Fassung: Großer Gottesvogel), und bezieht sich darauf, dass Zwiebel in der ersten Folge von Brown eine Feder dieses Vogels geschenkt bekommt.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.
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