Berühmte Filmreihe
Beruht "Der Pate" auf einer wahren Geschichte?
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von Christian VockSänger Frank Sinatra (l.) und Mafia-Boss Frank Costello (r.) dienten als Vorlage für die Filmfiguren des Mafia-Epos "Der Pate".
Bild: imago/United Archives (2), imago/Belga, IMAGO/UIG
Mafia-Filme wie "Die Unbestechlichen", "GoodFellas" oder "The Irishman" haben neben dem organisierten Verbrechen eine weitere Gemeinsamkeit: Sie beruhen auf wahren Begebenheiten. Bei "Der Pate", dem Mafia-Epos schlechthin, ist die Sache nicht ganz so einfach.
"Der Pate": Wahrheit oder Fiktion? Die realen Vorbilder hinter dem Mafia-Epos
Filmfans kennen Sätze wie "Dieser Film beruht auf wahren Begebenheiten" oder "Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig". Bei dem Film "Der Pate" fehlen diese Hinweise im Vorspann und sie wären auch gar nicht so leicht zu vergeben. Denn würde man die Frage stellen, ob "Der Pate" auf einer wahren Geschichte beruht, wäre die eindeutige Antwort: jein. Denn "Der Pate" basiert nicht auf einer einzigen realen Story, sondern orientiert sich an vielen Vorlagen und Personen aus der Realität.
Die wahren Paten von New York
Da gibt's zum Beispiel die fünf Mafia-Familien, die New York unter sich aufgeteilt haben. Im Film sind das neben den Corleones die Familien Tattaglia, Barzini, Cuneo und Stracci. Als Vorbilder für diese Familien sollen dem Autor der Romanvorlage, Mario Puzo, die fünf realen italo-amerikanischen Familien gedient haben, die Anfang des 20. Jahrhunderts in New York den amerikanischen Ableger der sizilianischen Cosa Nostra bildeten und die organisierte Kriminalität beherrschten. Das waren die Familien Bonanno, Colombo, Gambino, Genovese und Lucchese.
Frank Costello: Das wahre Vorbild für Vito Corleone in "Der Pate"?
Neben den Mafia-Clans als solchen dienten auch deren Strukturen, Vorgehensweisen, Mitglieder, inneren Konflikte und Rivalitäten sowie ihre Verbindungen in die Politik, Justiz und Strafverfolgung als Vorbild. Eines dieser Vorbilder soll Frank Costello gewesen sein, Chef der Genovese-Familie. Marlon Brando soll sich etwa für seine Rolle als Vito Corleone Tonbänder von Costello angehört haben. Wie auch Vito Corleone hatte Costello ebenfalls starke Beziehungen zu Politikern, Richtern und Polizisten, um seine Macht zu festigen und seinen Geschäften nachgehen zu können.
Es gibt aber noch weitere Parallelen zwischen Costello und Vito Corleone. Beide verdienten ihr Geld mit Glücksspiel, Prostitution und Alkoholschmuggel und wie Corleone im Film soll auch Costello Drogenhandel abgelehnt haben. Im ersten Teil der "Pate"-Trilogie schießen zwei Gangster im Auftrag einer anderen Familie auf Don Vito. Corleone überlebt den Anschlag schwer verletzt und zieht sich danach zurück - ein ähnliches Schicksal ereilte auch Costello. Am 2. Mai 1957 soll Vincent Gigante im Auftrag von Vito Genovese, Costellos Nachfolger in der Genovese-Familie, Costello in die Stirn geschossen haben. Costello überlebte das Attentat, zog sich aus allen Geschäften zurück und starb, wie auch Corleone, erst als alter Mann.
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Wie Frank Sinatra "Der Pate" inspirierte
Andere Mafia-Bosse, die als Vorbild für Puzos Don Corleone gedient haben sollen, waren zum Beispiel Joseph Profaci, Oberhaupt der Colombo-Familie sowie Carlo Gambino, Chef der nach ihm benannten Gambino-Familie. Ein ganz besonderes Vorbild hatte wohl Vito Corleones Patenkind, der Sänger und Schauspieler Johnny Fontane. Dessen Figur soll sich nämlich an niemand Geringerem als an Frank Sinatra orientiert haben. Sinatra, dem Verbindungen zum organisierten Verbrechen nachgesagt wurden, soll einmal durch Drohungen der Mafia aus einem Vertrag herausgekommen sein - ganz so, wie es Michael Corleone im ersten Teil über Johnny Fontane erzählt.
Das Wort Mafia kam einmal im Drehbuch vor, ich strich es und konnte drehen.
Sinatra selbst soll das gar nicht lustig gefunden haben, wie man im "Hamburger Abendblatt" von 1972 nachlesen kann: "Im New Yorker Madison Square Garden brachten mafiafreundliche Showstars (darunter Frank Sinatra und Sammy Davis jun.) in einer von 18.000 Personen besuchten Veranstaltung 600.000 Dollar auf, womit die Filmproduktion verhindert werden sollte. Frank Sinatra und Mario Puzo konnten in einem New Yorker Restaurant nur mit Mühe von einer handfesten Prügelei abgehalten werden. Der Star fühlt sich durch die in Buch und Film vorkommende Figur des Sängers Johnny Fontane exponiert."
Die Mafia als Filmkritiker
Auch die echte Mafia war nicht erfreut über den Film, was Produzent Albert Ruddy zu spüren bekam. Er wurde nicht nur bedroht, man schoss ihm sogar eine Scheibe seines Autos ein. Am Ende soll man sich aber mit der New Yorker Mafia einig geworden sein. So soll das Skript vor Drehbeginn dem Namensgeber der Colombo-Familie und Nachfolger von Joseph Profaci, Joe Colombo, vorgelegt worden sein. Der nahm ein paar Änderungen vor und forderte, dass die Wörter "Mafia" und "Cosa Nostra" nicht im Film erwähnt werden dürften. Produzent Albert Ruddy war offenbar damit einverstanden: "Das Wort Mafia kam einmal im Drehbuch vor, ich strich es und konnte drehen."
Weitere skurrile Faken über die "Der Pate"-Filme findest du hier: Ist der Pferdekopf echt? 10 Dinge, die du über "Der Pate" noch nicht wusstest
Für diese Performance bekam Marlon Brando einen Oscar
Die realen Mafia-Untersuchungen, die den "Paten" so authentisch machen
Neben realen Personen gibt es aber auch eine Reihe von Ereignissen, die so oder so ähnlich in den "Pate"-Filmen auftauchen. So gab es in den USA Komitees zur Untersuchung des organisierten Verbrechens und seiner Verbindungen in die Politik, auch, um gegen die Gangster zu ermitteln, die bisher ungeschoren davongekommen waren - wie etwa Frank Costello. Im zweiten Teil der "Pate"-Trilogie muss sich auch Michael Corleone vor einem Kongressausschuss verantworten - kommt aber davon.
"Der Pate" ist also weder die Verfilmung des Lebens eines realen Gangster-Bosses noch beruht die Filmreihe auf wahren Begebenheiten, sondern orientiert sich an dem, was Mario Puzo sehr aufwendig über das organisierte Verbrechen in New York und Italien recherchiert hat.
Für diese Performance bekam Marlon Brando einen Oscar
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.
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