Zukunft der Animes? Diese Trends könnten die Branche in den nächsten Jahren prägen

Anime, weil billig? Das darf nicht passieren

"Es ist keine gute Idee, alles zu animieren,"  sagt Mie Onishi und damit eine, die es wissen muss: Sie berät das Studio CoMix Wave Films bei seinen Überseegeschäften - das Studio hat mit Filmen wie "Your Name" und "Suzume" große weltweite Erfolge gefeiert, seit denen zunehmend mehr Animefilme auch bei uns einen Kinoverleih  finden.

Größere US-amerikanische Studios und Verleiher entdecken plötzlich auch ihre Liebe zum Anime, man denke nur an Projekte wie den "Herr der Ringe"-Animefilm. Allerdings darf diese Liebe nicht zu viel kosten. Animes sind aus Hollywood-Perspektive nicht so sehr eine eigenständige Kunstform, sondern eine Produktionsmethode. Eine billige, bitte!

Genau das kritisieren Onishi und auch der Gründer von CoMix Wave Noritaka Kawaguchi auf der Machiasobi-Messe im Mai 2025. "Das ärgert mich wirklich," meint Onishi und Kawaguchi stimmt ihr zu. Man sollte eben nicht etwas als Anime machen, weil es damit hoffentlich günstiger wird.

Vor diesem Problem wird die Anime-Industrie wohl vermehrt stehen. Filme, Serien, Streaming sind ein teures Geschäft, also werden die Hollywood-Partner immer wieder mit dem Kostenargument ums Eck kommen. Die Animemacherinnen und -macher werden hier selbstbewusst auftreten müssen, damit die richtigen Geschichten auf angemessene Weise zu Anime werden.

Kommt bald das normierte Anime?

Bist du Animefan? Welche Serie oder welcher Film hat dich als Erstes verzaubert? War es eine Fantasygeschichte? Hast du mit einem gezeichneten Sportteam mitgefiebert? Bist du zu Sternen gereist oder hast die Schönheit des normalen Lebens gesehen? Anime funktioniert für jedes Genre und für jede Nische. Nur könnte diese Vielfalt verloren gehen.

Diese Furcht äußerte auch der Regisseur von "Frieren", Keiichiro Saito, gegenüber dem Magazin "Mantan". Wenn ein Studio bei der Produktion gleich von Anfang an den internationalen Markt denkt, dann geht es gerne auf Nummer sicher und produziert die Neuauflage einer Geschichte, die schon mal gut funktioniert hat. Ob er wohl damit die vielen Isekai-Serien gemeint hat, deren Plot immer einem ähnlichen Schema folgt?

Er meint auch, dass die Macher von Anime die Verbindung zu den Fans verlieren können, wenn sie zu formelhaft vorgehen. Er selbst möchte lieber Werke schaffen, die gerade weil sie anders sind, Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Wahrscheinlich sind hier die Fans gefragt: Es ist einfacher, etwas zu sehen, was man im Grunde schon kennt: Zurücklehnen, wie der austauschbare Held die Welt rettet, entspannt. Bei ungewöhnlichen Geschichten müssen wir beim Zuschauen aktiver sein. Wenn wir ungewöhnlichen Geschichten oft genug eine Chance geben, wird die Chance größer, dass auch mehr davon produziert werden.

Mehr große Filme, weniger lange Serien?

Für das Studio Ufotable ist es eine gute Nachricht: "Demon Slayer: Infinity Castle" gehört nach einem knappen Monat zu den erfolgreichsten japanischen Filmen der Geschichte. Die ersten Trailer versprechen ein Fest aus Farben und Action. Wer die Serie kennt, weiß, wie dämonisch detailverleibt dort gezeichnet wird. Das kostet Geld und so bitter es ist - bei einer langlaufenden Serie kann man einfach nicht jede Sekunde mit höchstem Aufwand animieren. Nun ja, man kann, aber das Studio geht pleite.

Die Lösung: Filme! Eine Produktion beginnt als Serie. Wenn die Geschichte etabliert ist, geht's ins Kino und danach in die Mediatheken der Streamer. Dort können die Fans es dann genauso oft sehen wie eine Serie. Damit lässt sich mit einem Film nun mehr Geld verdienen als vorher. Und es ist billiger, es finanziell für eine Großproduktion richtig krachen zu lassen, als Woche für Woche, Folge für Folge.

Zunächst ist das gut für die Fans: Mehr Großereignisse, mehr Filme, bei denen die Macher so richtig zeigen, was sie können. Allerdings könnte es sein, dass auch weniger lang laufende Serien produziert werden. Geschichten, die Fans lange, oft über Jahre hinweg begleiten, würden damit seltener.

Übrigens: Bevor der "Demon Slayer"-Film beginnt, startet die vierte Staffel der Serie auf ProSieben MAXX und Joyn - für alle, die die ganze Geschichte sehen wollen.

Wohin geht die Animereise?

Streaming hat unglaublich viel verändert. Vorbei die Zeit, in der Fans in speziellen Videogeschäften mehr oder weniger legale Versionen von Anime suchen mussten! Aber auch vorbei die Zeit, in der langsamer produziert wurde. Die hungrige Mediathek will befüllt werden! Für die Macherinnen und Macher eröffnen sich neue Möglichkeiten und neue Zwänge. Die Fans können die Entscheidung bringen. Ihrer Hartnäckigkeit wegen kam Anime aus den seltsamen Läden heraus, ihrer Liebe wegen wird Anime seine Vielfalt erhalten können - wenn die Fans das deutlich genug wünschen.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.