Nicht schon wieder eine Soap...

Ist "Die Spreewaldklinik" sehenswert? Serien-Kritikerin spricht Klartext

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von Linda T.

Kritische Blicke von der Seite: Überzeugt "Die Spreewaldklinik" mit (v.l.n.r) Schwester Fiona und Dr. Wemuth unsere Redakteurin Linda?

Bild: © Joyn / Claudius Pflug


"Die Spreewaldklinik" soll der coolste Soap-Hit in SAT.1 und auf Joyn sein. Kaum zu glauben. Redakteurin Linda traut sich in die Welt des Klinik-Alltags und berichtet, ob sich die Krankenhausgeschichte lohnt.


Daily Soaps: Liebes-Drama und Nervenkitzel dominiert das deutsche Free-TV

Normalerweise mache ich einen großen Bogen um Daily Soaps wie "Die Landarztpraxis" oder "Sturm der Liebe": zu viel Drama, das von der Realität nicht weiter entfernt sein könnte. Dabei gibt es so viele Serien von dieser Sorte, und so viele Handlungen, die mehr als vorhersehbar sind. Ob verbotene Liebe oder böse Hintergehung - für mich ist das eher selten was.

In der Sitcom-Welt fühle ich mich deutlich wohler. Vor allem "How I Met Your Mother" hat mich mit seinem subtilen Humor verzaubert. Unerwartete Storyline und wunderschöne Liebesgeschichten, davon kriege ich nicht genug. 

Nach etlichen Empfehlungen habe ich mich dennoch dazu entschieden, einen Schritt in den Krankenhausalltag der "Spreewaldklinik" zu wagen. Dabei habe ich mir eigentlich vorgenommen, ohne Erwartungen anzureisen. Mit meinen ganzen Vorurteilen wird das leider nicht so einfach.

Also gut - Vorurteile hin oder her. Wenn ich ehrlich bin, habe ich natürlich doch gewisse Vorstellungen im Kopf. Was sollte die Serie bieten, damit sie mich überzeugen kann?


Du willst sehen, was unsere Redakteurin meint?


Was erwarte ich von der "Spreewaldklinik"?

Drama, Drama, Drama - mit einer Prise Romcom.

Es würde mich wundern, wenn es nicht von Anfang an drunter und drüber geht. Wie man es aus Arztserien kennt, erwarte ich eine Hauptfigur mit traumatischer Vergangenheit, die versucht, im hektischen Klinik-Alltag nicht den Verstand zu verlieren. Wahrscheinlich steht sie morgens noch im OP, während sie abends schon in eine emotionale Beziehungskrise stürzt - idealerweise mit einem Kollegen, mit der es zuvor natürlich direkt geknistert hat.

Ein dramatischer Todesfall auf Station oder eine unerwartete Rückkehr einer alten Bekanntschaft? Wäre fast enttäuschend, wenn nicht. Wäre ja nicht das erste Mal, dass ein Ex mit altem Problem plötzlich wieder auftaucht.

"Die Spreewaldklinik" ist mit seinem Geburtsjahr 2024 ein junges Küken in der Serien-Welt. Es würde nur Sinn ergeben, wenn sie sich an den Meistern vom Fach orientieren: Wie "Greys Anatomy" oder "Dr. House" nur eben mit deutschem Touch.

Staffel 1., Folge 1.: Mein erster Eindruck von der "Spreewaldklinik"

Es beginnt träumerisch: mit guter Musik und Blicken in die Landschaft - das Auto rast mit einer Frau über eine Landstraße. Allein der Name der ersten Folge "Loslassen" hat bei mir einen Denkanstoß ausgelöst. Was loslassen? Wen loslassen? Oder geht es um das Wie?

Wie zu erwarten, wird es auf Anhieb dramatisch: ein Rückblick.
Es ist ein junges Mädchen, welches ihr Baby abgeben muss. Dabei handelt es sich um die frühere Version der Hauptfigur Dr. Lea Wolf (Sina-Valeska Jung). Eine herzzerreißende Szene, die genau das verspricht, was ich von Anfang an erwartet habe. Drama und eine Figur aus der Vergangenheit.

Dass es sich dabei jedoch um das eigene Kind handelt, hätte ich nicht gedacht. Obwohl viele Serien, wie auch "HIMYM", auf dem "Ich-bin-dein-Vater"-Trauma aufgesprungen sind.

Sie muss an der Quelle ihres Traumas an der Heilung arbeiten - zufällig erhält sie von ihrer Schwester einen Anruf, in dem all das erklärt wird. 
Die Schwester ist nicht begeistert. Um sich zu beruhigen, macht Lea seltsame Yoga-Schrei-Übungen, und legt sich mitten aufs Feld. Offensichtlich ein versuchter Witz, der bei mir leider eher Fremdscham und Verwirrung auslöste.

Groß, gut gebaut und leicht gebräunt: das Vorzeige-Beispiel eines Soap-Schwarms. Natürlich muss der Schönling Dr. Nick anhalten - schwups, fliegen Funken.

Obwohl es sich dabei um das wohl größte Klischee aller Zeiten handelt, war ich gefangen. Werden sich die zwei wiedersehen, und welche ungeklärten Geschäfte sollen Lea von ihrem Frust heilen?

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Zwischen trostlosen Männern und Herzflattern: Das erste, was mir an der "Spreewaldklinik" aufgefallen ist

Neben einer guten Songwahl und einer wunderschönen Naturkulisse ist mir die schauspielerische Glanzleistung der Hauptfigur aufgefallen. Ich habe direkt verstanden, dass es jetzt richtig zur Sache geht. Lea konfrontiert ihren Ex-Freund - dieser ist überhaupt nicht happy über ihren Besuch. Der Frust ist ihr förmlich ins Gesicht gemalt. Nervenkitzel pur!

Vielleicht war es genauso gedacht, aber leider ist Paul als Charakter total suspekt -  und von Schauspielkunst kann ich in seinem Falle auch nicht sprechen. Zwar versteht man, was für Emotionen er äußern möchte, richtig ankommen, dass er Lea jetzt nicht sehen möchte, tut es aber nicht. Mein Interesse hat es aber auf jeden Fall geweckt. Ich dachte, wenn er so komisch wirkt, dann versteckt etwas. Es stellte sich heraus: Wow, der Mann hat wirklich Dreck am Stecken.

Die abgegebene Tochter der verzweifelten Lea war doch nicht allzu weit von ihrer leiblichen Mutter entfernt. Ausgerechnet der Vater hat verschwiegen, dass er das Kind großgezogen hat - und es streng geheim hält. So eine Geschichte kannte ich bisher nicht. Und das hat auf jeden Fall meinen Hass gegenüber dem Paul-Charakter weiter geschürt.

Was natürlich auch zum Weiterschauen motivierte: Der unbekannte Mann mit den leuchtenden, schönen Augen trifft unsere Lea immer wieder zufällig - auch bei einem blutigen Unfall, bei dem die beiden Ärzte (diese Gemeinsamkeit kennen die zwei bis dato nicht voneinander) das erste Mal als Team agieren. 
Aufregend - und das vor allem wegen der immer intensiver werdenden Magie der Liebe. 
Wie schön, dass die verzweifelte Lea wieder ein Grinsen auf dem Gesicht hat bei seinem Anblick.
Moment - hat die "Spreewaldklinik" es etwa geschafft, mich in ihren Bann zu ziehen?!

Die Reise geht weiter: Meine Meinung zur "Spreewaldklinik"

Im Großen und Ganzen war meine Erfahrung in der "Spreewaldklinik" durchwachsen. Obwohl ich relativ schnell abgeneigt war vom unsympathischen Paul, war ich umso beeindruckter von der reflektierten Lea und ihrer Geschichte.

Nachdem die letzte Sekunde der ersten Folge vorbei war, geschah es. Die Serie hat es - und das total unerwartet - in den Bann gezogen. Eine Geschichte wie diese habe ich bisher noch nicht gesehen. Bereits in der ersten Folge wurde alles aufgedeckt und Lea begreift, wo ihre Tochter wirklich die letzten Jahre war.

Auch wenn ich den Möchtegern-Vorzeige-Papa verachte, interessiert es mich brennend, wieso er diese Entscheidung getroffen hat. Und noch viel wichtiger: Warum er sie geheim gehalten hat. War es die Angst? Oder war es von Anfang an sein Plan? Wird Lea zu ihrer Tochter zurückfinden? Apropos Tochter - diese wird das sicher auch nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Der typische Soap-Charme ist bei der "Spreewaldklinik" auf jeden Fall gegeben: dennoch konnte ich ihn relativ schnell akzeptieren. Am meisten hat die Neugier überwogen. Wer mehr Antworten möchte, ist einen Klick entfernt von seinem Glück, denn alle Fragen werden auf Joyn beantwortet. Und auch die zweite Staffel ist nicht mehr weit.

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