Zwei Wochen ohne Handy?
Interview: Jenke von Wilmsdorff übers Älterwerden und seine nächsten Projekte
Aktualisiert:
von André M. A.Jenke von Wilmsdorff ist einer der bekanntesten Journalisten im deutschen Fernsehen.
Bild: ProSieben
Zum 60. Geburtstag blickt Jenke von Wilmsdorff zurück - und nach vorn. Im Interview spricht der Journalist über das Älterwerden, Dankbarkeit, seinen Sohn und sein nächstes Experiment, bei dem er zwei Wochen komplett offline lebt.
Im Oktober geht es weiter mit deinem neuen Experiment. Zwei Wochen willst du komplett offline leben. Was kannst du darüber schon verraten?
Jenke von Wilmsdorff: Im Endeffekt ist das ein knallharter Handyentzug. Manche denken vielleicht: "Ach komm, der hat schon Drogen genommen, war im Knast, hat wochenlang Alkohol getrunken - warum sollte das für ihn schwer sein?!" Aber es ist wirklich viel schwieriger, als man denkt. Erst nach zwei, drei Tagen habe ich gemerkt, wie abhängig ich von meinem Handy bin. Es geht in diesem Experiment darum, zu zeigen, dass wir alle viel abhängiger vom Digitalen sind, als wir glauben. Den meisten ist das gar nicht bewusst. Das Experiment soll die Sinne schärfen und zeigen, dass wir uns selbst stressen und vieles im wahren Leben verpassen, wenn wir ständig nur aufs Handy starren.
Wie hoch ist deine Bildschirmzeit normalerweise?
Jenke: Die ist tatsächlich ziemlich hoch, weil ich fast ausschließlich übers Handy Musik höre. Im Schnitt liege ich bei vier bis sechs Stunden täglich.
Für deinen nächsten "Jenke. Report" schaust du dir Methoden an, die das schnelle Geld versprechen. Was hat dich bei den Dreharbeiten am meisten überrascht?
Jenke: Am meisten hat mich verblüfft, wie gutgläubig Menschen immer noch sind - obwohl wir wissen, dass im Netz unzählige Deepfakes kursieren. Wir hatten einen Fall, in dem jemand seine Altersvorsorge von fast einer halben Million Euro verloren hat, weil er sich auf Finanztipps aus dem Internet verlassen hat. Ihm wurde gar nicht mal übermäßig viel versprochen, und trotzdem ist er auf eine Firma hereingefallen, die nur darauf ausgelegt war, Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, ohne jede Gegenleistung. Diese Naivität - zu glauben, man könne ohne jede Ahnung von Trading, Dropshipping oder Krypto schnell reich werden - hat mich wirklich erschreckt.
Deine Reportagen sorgen regelmäßig für Gesprächsstoff. Wie gehst du mit Kritik um?
Jenke: Wenn es kritische Stimmen gibt, muss man unterscheiden, worum es geht. Teilen die Leute unsere Haltung in einer Reportage nicht? Dann ist das einfach eine andere Meinung, die kritisch geäußert wird. Wir leben in einer Demokratie mit Meinungsfreiheit, auf die ich sehr poche, weil die mir während der Corona-Zeit leider Gottes zu sehr abhandengekommen ist. Von Kritik an meiner Person kriege ich wenig mit. Es gibt Kritiker, die sagen, das sei kein Journalismus, weil ich in meinen Experimenten ja stets Teil der Geschichte bin, aber das begleitet mich, seit ich die Experimente mache, also seit 13 Jahren. Und dass es Menschen gibt, die mich einfach nicht leiden können, gehört zum Leben dazu.
Welches deiner Selbstexperimente war bisher das persönlichste?
Jenke: Wahrscheinlich das Longevity-Experiment. Als mir damals gesagt wurde: "Wenn Sie so weitermachen, leben Sie noch fünf bis maximal 10 Jahre", war das ein Schock. Prädiabetes, Insulinresistenz, Bluthochdruck, schlechte Gene für Herzinfarkt und Schlaganfall - das volle Paket. Und dann bin ich das alles in 5 Monaten Experiment komplett losgeworden. Heute bin ich topfit, mein Herz wurde vor wenigen Tagen erst per CT gecheckt - keine Spur von Mikroverkalkungen. Keinerlei Beeinträchtigung meiner Gefäße. Und das nach all den ungesunden Jahren. Da war selbst der behandelnde Arzt sprachlos. Das war mein persönlichstes Experiment, weil ich gemerkt habe, dass man nahezu alles verändern kann, egal in welchem Alter. Du musst es nur ernsthaft wollen.
Hast du diese Erkenntnisse danach in deinen Alltag übernommen - mit gesunder Ernährung, Sport und Rauchstopp?
Jenke: Ja, das hat mein Leben verändert. Ich rauche seit über einem Jahr nicht mehr, mache täglich Sport, halte mein Eisbaden-Programm durch, achte auf Ernährung und nehme jede Menge Supplements. 95 Prozent dessen, was ich damals während des Experiments gemacht habe, habe ich beibehalten. Das Thema Longevity hat mich total gepackt - also auf die eigene Gesundheit zu achten, um beweglich, unabhängig und psychisch stabil zu bleiben. Deshalb mache ich mit meinem Sohn auch den Podcast "Jenke Extreme Momente", in dem wir über genau solche Themen sprechen.
Schaue Jenkes Longevity-Experiment mit seinem Sohn
Schweißt so ein Podcast als gemeinsames Projekt Vater und Sohn noch enger zusammen?
Jenke: Ja, das kriegt nochmal eine andere Dimension. Wir waren uns schon immer sehr nahe, von klein auf bis jetzt, wo er 31 ist. Aber dass wir gemeinsam ein Experiment gedreht haben und jetzt mitten im zweiten Film stecken und dass wir gemeinsam einen Podcast produzieren, all das hievt uns beide nochmal auf eine andere Ebene.
Du wirst heute 60. Wie gehst du mit diesem Geburtstag um - wird gefeiert oder ignorierst du ihn lieber?
Jenke: Ich habe auch den 30., 40. und 50. nicht gefeiert. Ich gehe dann immer mit Menschen, die mir wichtig sind, essen. Ich bin mit meinem Sohn und seiner Mutter auf Mallorca und wir werden einfach nur gemütlich essen gehen. Schön auf locker, ganz entspannt. Und wenn ich zurück bin, ziehe ich mit meinem Team nochmal los. Aber ich mache keine Party. Ich mag dieses Feiern auf Termin nicht. Ich feiere, wann immer ich dankbar bin oder das Bedürfnis habe. Deswegen ist der 60. Geburtstag für mich ein normaler Tag. Ich bin dankbar, dass ich so alt werden konnte, aber auch jetzt keine Party. Ich bin kein großer Fan von Geburtstagskarten mit runden Jahreszahlen und flotten Sprüchen. Nichts anderes würde mich auf meiner Party erwarten.
Eines deiner Leitmotive ist, Ängste zu überwinden, um zu wachsen. Hast du Angst vor dem Älterwerden?
Jenke: Nein, Angst habe ich nicht. Aber wer sagt, älter werden sei super und aufregend, der lügt sich in die Tasche. Ich denke so oft, wie schnell alles vergangen ist. Das geht mir zu schnell, weil ich noch so viel machen will. Aber es macht mir keine Angst - mir gefällt es nur nicht. Die Dinge verändern sich, ob du willst oder nicht. Man kann das annehmen und, wie im Buddhismus, möglichst achtsam den Moment wertschätzen.
Also ist Ruhestand für dich noch kein Thema?
Jenke: Nein, überhaupt nicht. Mein Bruder ist Kameramann, festangestellt, und geht in drei Jahren in Rente. Für ihn war es das dann. Ich habe den Vorteil, dass ich freiberuflich bin - ich kann auch mit 70 oder 80 noch Reportagen und Experimente machen. Wenn ich es dann noch will. Und "Opa Jenke auf Kokain" schauen sich die Menschen auch in 20 Jahren noch an, vermute ich. (lacht) Und wenn nicht, könnte ich ja auch wieder hinter die Kamera verschwinden und Filme, die ich seit Jahren inhaltlich verantworte und mit meinem Team herstelle, mit anderen Gesichtern produzieren. Von daher: kein Gedanke ans Aufhören.
[...] weil wir nur noch von Problemen in der Welt umgeben sind, brauchen wir einen guten und lebendigen Journalismus.
Was motiviert dich, nach all den Jahren bis heute deine Reportagen und Selbstexperimente zu drehen?
Jenke: Mich motiviert nach wie vor der Drang, Menschen zu informieren und andere Perspektiven zu zeigen. Wir neigen dazu, uns viel zu schnell ein Bild von Sachverhalten und Menschen zu machen. Ich möchte die Zuschauer dazu bringen, nochmal anders über Dinge nachzudenken - einen Schritt zurückzutreten und Themen aus einer anderen Richtung zu betrachten. Auch anderer Meinung zu sein. Das motiviert mich. Und neben all dem Trash im Fernsehen, wo es oft nur noch um Unterhaltung, Ablenkung und Verblödung geht, ist es mir besonders wichtig, dass – gemeinsam mit anderen Kollegen – auch noch Ernsthaftigkeit im Fernsehen stattfindet und der Journalismus nicht verkümmert und untergeht. Gerade in diesen Zeiten, in denen alle nur noch auf reine Unterhaltung fokussiert sind, weil wir nur noch von Problemen in der Welt umgeben sind, brauchen wir einen guten und lebendigen Journalismus.
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Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.
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