Der ewige Cowboy
Das sind die besten Filme von Clint Eastwood
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von Anne OppelOb als "Dirty Harry", als Westernheld in "Zwei glorreiche Halunken" oder romantisch in "Die Brücken am Fluss".
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Er ist eine Ikone des amerikanischen Kinos, sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur. Mit bald 95 Jahren blickt er auf eine einmalige Karriere zurück, in der er sogar Film-Genres neu definiert hat. Diese Werke von Clint Eastwood muss man einfach gesehen haben.
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Die berühmte Dollar-Trilogie (1964 bis 1966)
Clint Eastwood ist nicht nur ein grandioser Schauspieler. In den 60er- bis 80er-Jahren etwa setzt er mit Regisseuren wie Sergio Leone ganz neue Maßstäbe, was den Italo-Western betrifft.
Besonders legendär ist in diesem Segment die sogenannte Dollar-Trilogie: "Für eine Handvoll Dollar" (1964), "Für ein paar Dollar mehr" (1965) und "Zwei glorreiche Halunken" (1966). Darin schlüpft Clint Eastwood in die Rolle eines cleveren Kopfgeldjägers im Wüstenort San Miguel. Dort spielt er zwei verfeindete Familien gegeneinander aus, indem er Fallen stellt, falsche Spuren legt und mal für die eine und dann für die andere Seite arbeitet.
Im dritten Teil "Zwei glorreiche Halunken" hat seine Figur, die nur "der Blonde" genannt wird, eine neue Masche entwickelt, um an Geld zu kommen. Er tut sich mit dem steckbrieflich gesuchten Gangster Tuco zusammen. Den liefert der Blonde dann für ein Kopfgeld aus. Immer wenn der Ganove dann gehängt werden soll, schießt sein Kumpane den Strick vom Galgen durch. Diese ungewöhnliche Teamarbeit geht solange gut, bis Tuco eine Gehaltserhöhung fordert.
Regisseur Sergio Leone, der italienische Komponist Ennio Morricones und Hauptdarsteller Clint Eastwood schufen mit diesen drei Filmen einen neuen Italo-Western, der sich deutlich von den klassischen Hollywood-Western unterschied. Er war brutaler, rauer – ohne die strahlenden Heldenfiguren.
Eastwood trägt Bartstoppeln, hat einen Zigarillo-Stumpen im Mundwinkel, sein Gesicht ist von der Sonne gegerbt. In den amerikanischen Klassikern gab es immer eine klare Trennung zwischen Gut und Böse. Die verschwimmt hier.
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"Hängt ihn höher" (1968)
Clint Eastwood schuf mit seiner Darstellung in der "Dollar"-Trilogie eine neue Benchmark – und den neuen Archetyp des Italo-Westerns.
In diese Paraderolle des wortkargen, zynischen und cleveren Cowboys schlüpft er auch wieder in "Hängt ihn höher". In dem genialen Rache-Western wird Eastwoods Figur Cooper fälschlicherweise beschuldigt ein Farmer-Ehepaar ermordet und dessen Rinder gestohlen zu haben. Die neun Männer, die glauben, ihn überführt zu haben, hängen ihn direkt am nächsten Baum auf – anstatt ihn dem Sheriff auszuliefern. Cooper wird jedoch noch rechtzeitig vorm Ersticken gerettet.
Anschließend muss er sich mit der Frage auseinandersetzen, wie er mit denjenigen umgehen soll, die ihn fast getötet hätten. Der Western unterhält großartig, macht aber gerade auch durch sein langsames Tempo nachdenklich – in Hinblick auf Willkür der Justiz und Grenzen der Selbstjustiz.
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"Dirty Harry" (1971)
In den 1970ern löst der 1930 in San Francisco geborene Amerikaner dann die nächste Welle aus: Mit seiner Rolle als "Dirty Harry" im gleichnamigen Krimi definiert er Cop-Filme neu.
Clint Eastwood spielt den zynischen und unkonventionellen Inspektor Harold Francis Callahan, genannt "Dirty Harry". Seinen Spitznamen erklärt er selbst so: "Immer wenn es eine dreckige Arbeit gibt, bin ich dran." Sein aktueller Auftrag: einen psychopathischen Serienkiller zu fangen. Seine Methoden der Verbrecherjagd sind dabei ziemlich unkonventionell. So kaut er etwa noch genüsslich seine letzten Bissen Hot Dog, während er parallel drei Bankräuber stellt. Dabei ist er nicht nur total abgebrüht, sondern auch noch wahnsinnig gutaussehend.
Mit seinen rotzigen Antworten gegenüber Vorgesetzten stellt er außerdem jedes antiautoritär erzogene Kind in den Schatten. Die widersprüchliche Figur des aufmüpfigen aber integren Inspektors Callahan wird für viele Zuschauer:innen im Laufe der Jahre zu einem witzigen Kultcharakter des amerikanischen Kinos. "Dirty Harry" gilt heute als einer der bekanntesten und einflussreichsten Polizeifilme.
Die Stunts in dem Streifen führte Eastwood übrigens alle selbst aus, sogar einen riskanten Sprung von einer Brücke auf das Dach des Schulbusses.
"Erbarmungslos" (1992): Vom Schauspieler zum schauspielenden Regisseur
Wie bei vielen erfolgreichen Schauspieler:innen folgte auch bei Clint Eastwood 1971 der nächste Schritt: Er trat hinter die Kamera und führte selbst Regie. Sein Debüt, der Psychothriller "Sadistico", handelt von einer obsessiven Liebe.
Für sein 16. Werk, den Western "Erbarmungslos", gewann Eastwood seinen ersten Regie-Oscar. Der Amerikaner spielte in dem Film auch selbst wieder eine Hauptrolle. Als ehemaliger Revolverheld lebt seine Figur Bill Munny zurückgezogen auf einer Farm. Den Schweinezüchter plagen allerdings Geldsorgen. Als er von einem Kopfgeld für zwei Männer hört, die eine Prostituierte misshandelt haben, schwingt er sich nochmal in den Sattel.
Die Handlung dieses sogenannten Spät-Westerns ist düster, tragisch und melancholisch. Der Film wurde oft für seine emotionale Tiefe gelobt und gewann insgesamt vier Goldjungen.
"Die Brücken am Fluss" (1995)
Das Multitalent kann aber nicht nur Western, Action und Krimis inszenieren, sondern auch gefühlvolle Dramen, wie etwa "Die Brücken am Fluss". In der leidenschaftlichen und tragischen Liebesgeschichte stellen die Kinder der von Meryl Streep dargestellten Francesca fest, dass ihre verstorbene Mutter eine Affäre mit einem Fotografen (Clint Eastwood) hatte.
Die bewegende Romanverfilmung kommt zwar ab und zu fast kitschig daher, berührt aber durch die intensive Darstellung der Protagonist:innen. Besonders schön menschlich sind die Dialoge zwischen Eastwood und Streep, die ohne viel Action auskommen.
"Absolute Power" (1997)
In dem Thriller spielt Clint Eastwood einen Meisterdieb, der in die Villa eines Millionärs einbricht. Als dessen Ehefrau unerwartet früh zurückkommt, beobachtet der Eindringling sie unfreiwillig beim Liebesspiel mit einem Liebhaber. Der Sex gerät jedoch außer Kontrolle und die Hausherrin stirbt. Richtig brenzlig wird die Situation, als der fremde Lover sich als Präsident der Vereinigten Staaten entpuppt.
Ein packender Plot mit höchst spannendem Katz- und Maus-Spiel.
"Million Dollar Baby" (2004)
"Hätten Sie Interesse mich zu trainieren?", fragt die aufstrebende Boxerin Maggie (Hilary Swank) den Box-Studio-Chef Frankie Dunn (Clint Eastwood). "Frauen trainiere ich nicht!", antwortet er kühl und geht weiter.
Typisch alter weißer Mann, denkt man als Zuschauer:in zuerst. Doch bevor man ihn in der Patriarchats-Macho-Schublade versenkt, öffnet Clint Eastwood den Charakter-Fächer seiner komplexen Figur. Der ist nämlich keineswegs nur ein konservativer Sturkopf. Vielmehr hat er Angst, dass die Beziehung zu Maggie alte Wunden in Bezug auf seine Tochter aufreißen könnte. Die hat nämlich vor 20 Jahren den Kontakt abgebrochen.
Eine typische Facette eines Eastwood-Films: Es gibt kein schwarz und weiß, Figuren sind immer sehr vielschichtig und moralisch ambivalent. Gerade deshalb kommen sie so authentisch rüber. In dem berühmten Box-Drama "Million Dollar Baby" war Clint Eastwood Hauptdarsteller, Regisseur, Produzent und Komponist. Und das mit 74 Jahren. Vier Oscars heimste der Kassenschlager ein, unter anderem in den Kategorien Regie und Bester Film.
"Gran Torino" (2008)
Auch in dem Drama "Gran Torino" durchbricht der amerikanische Schauspieler ein stereotypisches Bild. Er spielt einen verbitterten, rassistischen Kriegsveteranen, der vom Trauma des Koreakriegs und dem Verlust seiner Frau gezeichnet ist.
Das Leben von Walt Kowalski spielt sich fast ausschließlich auf seiner Vorort-Veranda in der Nähe von Detroit ab. Von dort beobachtet er missmutig, wie seine ehemals prosperierende Nachbarschaft immer mehr von Gangs und Migranten eingenommen wird. Mit zusammengekniffenen Augen und vorgehaltener Flinte vertreibt er ungebetene Besucher von seinem Rasen.
Dann zieht ausgerechnet eine asiatische Familie in das Haus neben ihm. Sein Willkommensgruß: Er rotzt ihnen Kautabak aufs Grundstück. Mit der Zeit freundet er sich allerdings mit dem Nachbarjungen Thao an. Am Ende beschützt er ihn sogar vor einer Gang und wird zu einer Art Vaterfigur. Dieser Film über eine ungewöhnliche Freundschaft geht richtig ans Herz.